Was ist ein Exoskelett?
Exoskelette sind am Körper getragene Assistenzsysteme, die mechanisch auf den Körper einwirken. Sie können Körperhaltungen und Körperkräfte unterstützen. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt haben Exoskelette eine Marktreife erreicht, die einen Gebrauch in der Industrie, im Handwerk aber auch in anderen Branchen wie z.B. in der Pflege oder in der Landwirtschaft grundsätzlich ermöglichen.
Mit Exoskeletten werden für die Prävention von Muskel-Skelett-Belastungen folgende Wirkungen angestrebt:
• Ausführbarkeit von Körperbewegungen und -haltungen
• Schädigungslosigkeit bei Körperbewegungen und -haltungen
• Beeinträchtigungsfreiheit bei Körperbewegungen und -haltungen
Hinsichtlich ihrer Bauart kann in passive und aktive Exoskelette unterschieden werden. Beide Varianten sind auch als Hybrid umsetzbar. Bei Hybrid-Systemen werden die Steuerimpulse mittels Elektromyographie (EMG) oder Gehirnströmen an das Exoskelett weitergeben.
Während der medizinischen Rehabilitation unterstützen Exoskelette bewegungseingeschränkte Menschen. Auch in militärischen Bereichen werden solche Systeme intensiv erprobt, um die Wirkung körpereigener Kräfte zu erhöhen.
Der Einsatz von Exoskeletten an Arbeitsplätzen ist noch nicht sehr verbreitet. Tests von Prototypen im industriellen Kontext werden bereits immer mehr durchgeführt.
Arten von Exoskeletten
Nach dem aktuellen Kenntnisstand können Exoskelette wie folgt eingeteilt werden:
Passive Exoskelette
• mech. Feder / Gasdruckfeder / ggfs. max. Beugewinkelbegrenzung (Stützfunktion)
• Unterstützungswirkung ggfs. Individuell schaltbar (An / Aus) bzw. einstellbar
• Unterstützte Körperregion Beine / Rumpf / Arme /Kombinationen / Ganzkörper
Aktive Exoskelette mit (Teil-) Unterstützung
• elektrischer / pneumatischer Antrieb mit einfacher Regelungsfunktion
• Unterstützungswirkung ggfs. Individuell einstellbar
• Unterstützte Körperregion Beine / Rumpf / Arme / Kombinationen
Aktive Exoskelette mit (Voll-) Unterstützung
• elektrischer / pneumatischer Antrieb mit komplexer Regelungs-/ Steuerungsfunktion (Bewegungsprogramme,
neurophysiologische Sensorik)
• Unterstützungswirkung ggfs. Individuell einstellbar
• Unterstützte Körperregion Beine / Rumpf / Arme / Kombinationen / Ganzkörper
Anwendung von Exoskeletten aus Sicht des Arbeitsschutzes
Bei der Verwendung von Exoskeletten am Arbeitsplatz ist der Arbeitgeber gemäß Arbeitsschutzgesetz zur Durchführung einer Gefährdungsbeurteilung verpflichtet. Eine Arbeitshilfe für die
Gefährdungsbeurteilung beim Einsatz von Exoskeletten an Arbeitsplätzen steht auf der Internetseite des Instituts für Arbeitsschutz (IFA) zum Download zur Verfügung.
Exoskelette werden tendenziell als personenbezogene bzw. personengebundene Maßnahme eingeordnet. Die Maßnahmenhierarchie des Arbeitsschutzes muss beim Einsatz von Exoskeletten eingehalten werden. Deshalb sollten sie erst dann eingesetzt werden, wenn andere substituierende, technische und organisatorische ergonomische Maßnahmen (STOP Prinzip) nicht realisiert werden können.
An welchen Arbeitsplätzen oder bei welchen Tätigkeiten könnten Exoskelette sinnvoll eingesetzt werden?
Grundsätzlich an allen Arbeitsplätzen, an denen körperliche Arbeit oder Tätigkeiten in Zwangshaltungen zu leisten sind. Dabei kommen Exoskelette besonders dort infrage, wo andere technische Hilfsmittel, wie Gabelstapler, Kran und Vakuumheber etc. nicht zum Einsatz kommen können. Dies ist in der Regel bei nicht stationären Arbeitsplätzen der Fall, z.B. bei der Möbelauslieferung. Hier könnte die körperliche Entlastung der Beschäftigten auch zu einer Reduzierung des Unfallgeschehens, arbeitsbedingter Gesundheitsgefahren und von Ausfallzeiten beitragen.
Erst auf Grund des Einsatzzweckes und der daraus resultierenden Zuordnung zu einer der o.g. Richtlinien wäre es möglich, detaillierte sicherheitstechnische Anforderungen für Exoskelette festzulegen.
Welche Gefahren könnten im Umgang mit Exoskeletten entstehen?
Grundsätzlich besteht die Möglichkeit, dass bei aktiven Exoskeletten, bei denen elektrische oder pneumatische Antriebe
die menschliche Kraft aktiv unterstützen und verstärken, eine Fehlfunktion bzw. eine Fehlbedienung des Exoskelettes zu Verletzungen führt. Diese Gefährdung muss durch sicherheitstechnische Maßnahmen des Inverkehrbringers ausgeschlossen sein. Für mechanische Einwirkungen, die bestimmungsgemäß oder aufgrund einer Fehlfunktion vom Exoskelett auf den Körper einwirken können, wären die für kollaborierende Roboter nach DIN ISO TS 15066 hinterlegten, biomechanischen Grenzwerte ein erster Ansatz.
Die Kraftunterstützung durch Exoskelette muss in Bezug auf die effektiven Gewichte der zu handhabenden Lasten im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung bewertet werden. Es muss sichergestellt sein, dass Beschäftigte (z.B. gemäß BAuA-Leitmerkmalmethode „Heben und Tragen“) möglichst im „grünen Bereich“ belastet werden.
Bei der Benutzung eines Exoskelettes können Gefährdungen im Zusammenhang mit Stolper- oder Sturzunfällen entstehen. Bei einem unfallartigen Ereignis ist das Risiko groß, dass die Beschäftigten, unter anderem aufgrund des zusätzlichen Gewichts oder den ausladenden mechanischen Komponenten, schwerere Verletzungen davontragen als ohne Exoskelett. Auch deshalb muss grundsätzlich eine Gefährdungsbeurteilung durchgeführt werden. Außerdem muss hinterfragt werden, in welcher Weise es möglich ist, aus einer plötzlich auftretenden Gefahrensituation mit einem angelegten Exoskelett schnell und sicher zu flüchten.
Ist ein Exoskelett als technische oder als personenbezogene Maßnahme einzustufen?
Die Einsatzmöglichkeiten von aktuell verfügbaren Exoskeletten legen derzeit eine Einordnung als personenbezogene bzw. personengebundene Maßnahme nahe. In der Hierarchie der Schutzmaßnahmen, dem so genannten TOP-Prinzip, stehen sie damit an letzter Stelle. Das bedeutet, vor dem Einsatz von Exo-skeletten sind zunächst alle technischen und organisatorischen Maßnahmen auszuschöpfen, um die Handhabung schwerer Lasten oder Zwangshaltungen zu vermeiden. Sollte dies nicht möglich sein, ist der Einsatz eines Exoskelettes als personen-gebundene Maßnahme sinnvoll.
Der Einsatz sollte immer mit entsprechenden verhaltens-bezogenen Maßnahmen, wie Unterweisungen und Übungen, gekoppelt werden.
Quelle: Fachbereich aktuell
